Warum? Weil man auf den Hochzeiten, die man als Hochzeitsfotograf in Magdeburg oder anderswo begleitet, eigentlich immer auf sich allein gestellt ist. Fortwährend muss man Entscheidungen allein treffen. Mach ich das Foto so oder so, aus dem Blickwinkel oder aus einem anderen. Bleibe ich bei meinem Bildlook, obwohl in Nachbars Garten auch schöne Äpfel oder Presets rumhängen? Hätte man keinen Austausch, würde man wahrscheinlich immer nur im eigenen Saft schmoren.
Klar, jeder Mensch muss früher oder später berufliche Entscheidungen treffen. In den meisten Arbeitsverhältnissen kann man sich dazu aber mit Kollegen austauschen. Nur in den wenigsten Jobs ist es so, das man alle Entscheidungen allein treffen muss. Bei uns HochzeitsfotografInnen kommt noch der Anspruch des Künstlers hinzu. Mit diesem Anspruch sind aber auch die Selbstzweifel verbunden, die man nicht unmittelbar mit jemandem teilen kann, weil diese Zweifel eben, außer anderen Fotografen oder Selbstständigen, niemand verstehen kann und will (Du machst doch nur Bilder).
Deshalb wollte ich hin, hin nach Berlin, zur wahrscheinlich größten Hochzeitsfotografen-Konferenz in Deutschland, mit ganz vielen, großartigen FotografInnen, die mich schon inspiriert haben und deren Vorträge ich mir dort anhören wollte.
Jedoch wollte ich nicht nur die Speaker sehen, sondern vor allem die Leute mit den gleichen Problemen, Schwächen, Unsicherheiten und Gedanken. Das war mir sogar noch wichtiger, als die Speaker zu hören. Ich kann sagen, ich habe diese Leute, andere Hochzeitsfotografen aus ganz Deutschland, getroffen. Dabei habe ich gar nicht mit so vielen gesprochen, was wohl an meinem grundsätzlich zurückhaltendem Wesen liegt. Die meisten Gespräche, die ich geführt habe, waren aber sehr interessant, teilweise tief und haben mich weiter gebracht. Sehr gefreut habe ich mich darüber, die Mädels und Jungs vom Bobshop auf Mallorca wiedertreffen zu können. Das waren damals einfach tolle Tage und Nächte auf der Balearen-Insel.
Die Hochzeitsfotografie - Konferenz
Also fuhren wir am Montag zu dritt nach Berlin. Ursprünglich wären wir vier Personen gewesen, mit Thomas Sasse, Markus Köpke und mir, drei Hochzeitsfotografen aus dem Raum Magdeburg. Dazu Matze, gebürtig in der Elbestadt, inzwischen in Osterwieck im Harz lebend.
Thomas war aber zuvor auf einer Hochzeit in der Slowakei eingeladen, so das wir uns zunächst nur zu dritt nach Berlin aufmachten. Während ich Matze gefühlt schon mein ganzes Leben kenne, war ich Markus zuvor erst zweimal begegnet. Er ist ein netter Typ, der schon ein bisschen in der Welt herumgekommen ist, außerdem überzeugter Veganer, ohne missionarische Ansätze.
Wer mit Matze unterwegs ist, erlebt etwas. Eine Regel, die so fest steht, wie das Amen in der Kirche. Zunächst erlebten wir die Tücken der Technik. Meine Handy-App führte uns ins digitale Nirvana, so das wir anschließend noch eine halbe Stunde durch Berlin fahren mussten, bevor wir das Hotel erreichten. Nun ist es weiß Gott keine Strafe, durch die Hauptstadt zu fahren.
Unser Hotel, das Bellevue, lag direkt am berühmten Kurfürstendamm. Wir checkten ein und Matze vertiefte sich in eine langes Gespräch mit der netten Rezeptionistin.
Das 4-Bett-Zimmer, welches wir anschließend bezogen, war für unsere Absichten völlig okay. Wir hatten nicht vor uns mehr als zum Schlafen darin aufzuhalten.
Ein paar Mails mussten noch beantwortet werden, dann machten wir uns auf den Weg ins Stilwerk, wo das Rooftop-Meetup für die Konferenz stattfinden sollte.
Anhand einer Liste wurden wir für das "Keep it real" identifiziert und bekamen eine praktische Eintrittskarte an einem Schlüsselband. Eine prima Sache, gerade wenn jemand den Namen wissen wollte oder man ihn selbst kurzzeitig vergessen hatte, denn da stand er drauf.
Im Stilwerk gab es dann erstmal ein großes Hallo, denn man traf auf ganz viele bekannte Gesichter, die man entweder schon auf einem der "Bobcast Get Together" gesprochen hatte oder von Facebook her kannte. Außerdem waren noch drei weitere Magdeburger Hochzeitsfotografen vor Ort und mit Michael Seidel ein Hochzeitsfotograf aus Braunschweig, dem ich von der Konferenz erzählt hatte.
Trotzdem wir wußten, das der nächste Tag ein langer werden würde, hatten wir uns gar nicht erst vorgenommen, früh ins Hotel zu gehen. Genau wegen diesem Treffen und den Gesprächen waren wir doch in Berlin. Wenn ich mich richtig erinnere, erreichten wir unsere Unterkunft gegen 2 Uhr. Thomas, der letzte noch fehlende Magdeburger Hochzeitsfotograf, war zwischenzeitlich, ziemlich übernächtigt, im Berliner Stilwerk eingetroffen.
Die nun folgende Nacht war kurz, denn bereits 7 Uhr klingelte der Wecker und 4 Herren brauchten erstaunlich wenig Zeit, um sich im Bad frisch zu machen. Schnell noch das gute Frühstück vom reichhaltigen Buffet eingenommen und auf Schusters Rappen zum Delphi Filmpalast in Charlottenburg gestiefelt. Hier war großes Ballyhoo. Massig Fotografen, die meisten wohl aus der Hochzeitsbranche, trafen ein und der große Kinosaal füllte sich.
Manuel und Nils vom Uncle Bob Cast gaben ein kurzes Intro aus dem Off, angelehnt an ihren Podcast, zum besten. Dann war der erste Speaker an der Reihe. Steffen Böttcher, in meiner Timeline als Stilpirat auftauchend, ist wohl jedem in der Fotografie-Szene ein Begriff, zumindest wenn man sich mit Hochzeitsfotografie oder Reisereportagen auseinandergesetzt hat.Von seinem Vortrag sind mir vor allem die sogenannten Ankershots hängen geblieben. Wenn ich es richtig verstanden haben, sind es wiederkehrende Motive, die auf jeder Hochzeit zu finden sind. Die Ankershots sollen dazu dienen, dem Hochzeitsfotograf Sicherheit zu geben. Sie wurden im Laufe der Konferenz aber auch ein wenig in Frage gestellt. Allerdings finde ich die Idee hinter den Ankershots charmant.
Steffen Böttcher beantwortete im Anschluss an seinen Vortrag, so wie alle weiteren Speaker, die Fragen aus dem Publikum und übernahm dann die Rolle des Moderators. Nils und Manuel, die sich um die reibungslos funktionierende Organisation kümmerten, hatten diese Aufgabe damit in gute Hände übergeben. Anschließend folgte Marco Schwarz, der mir persönlich, neben Lukas Piatek und den Engländern von den York Place Studios am besten gefiel. Natürlich waren auch die anderen FotografInnen inspirierend und ich denke das ich von allen etwas mitgenommen habe. Am wenigsten konnte ich mit dem Sternekoch Tim Raue anfangen, doch diesbezüglich hörte ich auch viele gegenteilige Stimmen.
Zwischen den Vorträgen, meistens waren es zwei am Stück, gab es immer wieder kleine Pausen, in denen man sich die Beine vertreten, etwas essen oder beides konnte. Mehrere Sponsorenstände waren im Foyer des Delphi aufgebaut. Hier wurde man, wenn man wollte, ganz unaufdringlich u.a. über Fuji, Profoto und die ProImageEditors informiert.
Kurz vor Ende der Konferenz wurden die, nicht nur von mir, mit Spannung erwarteten "Keep it real" - Awards verliehen. Alle HochzeitsfotografInnen konnten im Vorfeld Fotografien in 5 verschiedenen Kategorien einreichen. Zum Beispiel Portrait, Party, Emotion und die Königsdisziplin, adäquat zum Motto, "Keep It Real". In dieser Disziplin gewann mit Marie Fröhlich tatsächlich eine Magdeburger Hochzeitsfotografin den ersten Preis. Leider war sie nicht vor Ort, wurde aber gleich per Nachricht informiert. Ein bisschen schade fand ich, das diesen Awards nur wenig Zeit eingeräumt wurde, gern hätte man auch die Personen hinter den ausnahmslos tollen Hochzeitsbildern etwas kennengelernt.
Ansonsten verging der Tag wie im Flug und ich denke, ich werde eine Weile brauchen, bis der gesamte Input so richtig bei mir angekommen ist. Abends stieg dann noch die große Party, bei der ein Hamburger Dj auflegte.
Getanzt wurde erst relativ spät, was aber sicher nicht an der Musik von Emin, dem Dj aus Hamburg, lag, sondern eher daran, das noch viele Gespräche geführt werden wollten und alle von den Ideen, Meinungen und einem anstrengenden Tag überwältigt waren.
Kurz bevor die Party zu Ende war, traten wir den Heimweg ins Hotel an. Am nächsten Tag spazierten wir noch ein wenig durch die Bundeshauptstadt. Dabei entstanden noch einige Aufnahmen für diesen Beitrag, denn für Streetfotografie habe ich ebenfalls ein Faible.
Mein Fazit
Tja, was bedeutet nun aber "Keep it real" für den einzelnen Hochzeitsfotograf? Ganz ehrlich, ich weiß es nicht. Vorher hätte ich noch gedacht, es bedeutet, kurz zusammengefasst, alles sollte so gezeigt werden, wie es an dem jeweiligen Hochzeitstag war. Dem ist offensichtlich nicht so, denn beinahe jeder Speaker äußerte dazu eine andere Idee.
Ich weiß nur, das es mir ein Stück Klarheit verschafft hat. Für mich bedeutet "Keep it real" sich trotz aller Widrigkeiten nicht zu verbiegen, sich selbst treu bleiben, auch wenn alle anderen in eine andere Richtung laufen.
Euer Hochzeitsfotograf für Magdeburg
Sebastian
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